North & South
Grandios
Man benötigt nicht mehr als dieses eine Wort um diese Miniserie der BBC zu umschreiben, die 2004 entstand. Und damit möchte ich als erstes meinen Dank an die BBC aussprechen, denn selten findet man in der heutigen schnelllebigen Zeit noch solche Perlen der Filmbranche. Zum Glück sind die BBC und die englische Filmindustrie noch ein Garant für hochwertige Filme und unterlassen die ausbordenden und häufig eher lästigen bonbonartig daherkommenden Klischees der amerikanischen Filmbranche.
Zur Serie selbst kann ich sagen, wer die damalige Zeit, also den Zeitraum um 1855 schätzt, der wird mit dieser Serie aufs beste bedient. Leider muss ich gleich zu Beginn meiner Rezension einen Wermutstropfen ansprechen, der mir im Zusammenhang mit anderen Rezensionen zu dieser Serie aufgefallen ist. Die häufigen Vergleiche mit „Pride & Prejudice“ (Stolz und Vorurteil), ebenfalls von der BBC verfilmt, mit Colin Firth in der Hauptrolle. Meiner Meinung nach gibt es keinen Vergleich. Die Romane Jane Austens spiegeln einen früheren Zeitgeist wieder (Stolz und Vorurteil / anno 1813) und beziehen sich auf romantische Weise auf das Leben der englischen Adeligen und des Mittelstandes. In diesen Romanen wird auf sehr spezifische Weise humorvoll der Zeitgeist charakterisiert, doch Jane Austen nahm niemals für sich in Anspruch auch die Problematik der niederen Bevölkerung größer herausstellen zu wollen in ihren Romanen. Was ich übrigens sehr liebe, denn ein Jane Austen-Roman oder Film entfernt mich auf magische Weise vom eigenen, manchmal trostlosen Alltag und zaubert unweigerlich ein zufriedenes Lächeln auf mein Gesicht. Und hier sei auch gleich angemerkt, ich liebe Colin Firth als Mr. Darcy und die gesamte Miniserie der BBC um Jane Austens „Pride & Prejudice“ von ganzem Herzen. Trotzdem ist ein Vergleich mit Elizabeth Gaskell's „North & South“ absolut unpassend. Unweigerlich werden eingefleischte Jane Austen-Fans, die auf pure Romantik, die unvergleichlichen Dialoge einer Jane Austen und die herrlichen Landschaftsimpressionen warten enttäuscht werden.
Wer jedoch mit offenen Augen und vor allem mit einem offenen Herzen „North & South“ ansieht, wird von dieser Serie ebenso begeistert sein wie von „Pride & Prejudice“. Die männliche Hauptrolle spielt ein ebenso charismatischer Mann wie Colin Firth, wenn er auch auf andere Weise seinen etwas raueren Charme spielen lässt. Richard Armitage. Meiner Meinung nach ein herausragender Darsteller, der sowohl mit seiner ruhigen, dunklen Stimme, wie auch seiner extrem aussagekräftigen Mimik zu punkten versteht. Sein gesamtes Aussehen entspricht sehr genau meiner Vorstellung eines Mannes, wie ihn sowohl Jane Austen als auch Elizabeth Gaskell in ihren Romanen so häufig beschrieben. Ich liebte es in den 230 Minuten seiner wunderbaren Ausstrahlung zu folgen und fieberte jeder Sekunde entgegen in der er wieder ins Bild trat.
Übrigens, 240 Minuten ist die Langfassung dieser Serie, es gibt auch eine Kurzfassung von 208 Minuten, die meiner Meinung nach ausreichend ist, da die 32 fehlenden Minuten nicht unbedingt ausschlaggebend sind.
Weitere Darsteller der Serie sind Daniela Danby-Ashe, die weibliche Hauptrolle und für meinen Geschmack eine sehr gute Wahl. Nicht nur, dass die beiden Hauptdarsteller hervorragend harmonieren in ihrem Spiel, nein, ich empfinde sie sowohl äußerlich als sehr passend für die damalige Zeit, wie auch darstellerisch als sehr gut.
Ebenfalls hervorheben möchte ich Brendan Coyle in der Rolle des Nicolas Higgins, eines Gewerkschaftsführers, der mit viel Herz versucht die Zustände in den Baumwollfabriken im Norden zu verändern. Vielleicht inzwischen besser bekannt aus der Serie „Downton Abbey“, die derzeit einen überragenden Erfolg verbuchen kann. Und mit Nicolas Higgins kommen wir auch gleich zum entscheidenden Unterschied zu den Jane Austen Romanen/Filmen, den manchmal gnadenlosen Einblick in die Arbeiterschicht, den Elizabeth Gaskell extrem gut zu vermitteln versteht. Hier wird England nicht gar so wunderbar gezeigt, hier sieht man auch die dreckigen Gassen, die düsteren Schlechtwetterstädte des Nordens und die Industrie, mit all ihren Umweltverschmutzungen, Ungerechtigkeiten und der ausbeuterischen Arbeit.
Aber, oh Wunder, das tut dem Vergnügen sich diese Serie anzusehen keinen Abbruch. Ich fieberte mit den Arbeitern, den „Mastern“, den geplagten Kindern und Frauen mit und freute mich über jeden Lichtblick, der sich ihnen bot.
Wer nun vermutet, dass „North & South“ im Gegensatz zu „Pride und Prejudice“ keine Romantik zu bieten hat, der irrt gewaltig. Allein diese zwei Sätze werden jedem in Erinnerung bleiben, der noch einen Funken Romantik in sein Herz einfließen läßt: "Look back, look back at me!" und "Coming home with me?".
Mr. Thornten (Richard Armitage) ist ein Mann, wie ihn sich jede Frau wünschen würde. Vom guten Aussehen einmal ganz abgesehen, weicht er vom harten Geschäftsmann immer ein wenig mehr zum liebenden, und mitfühlenden Mann auf. Er kann seine harte Schale nicht einfach abstreifen, zu lange musste er seinen Mann stehen, doch er lernt beständig hinzu und gibt sein bestes um soviel Hilfe zu geben wie ihm in seiner Situation möglich ist. Seine Annäherung an Margareth Hale (Daniela Danby-Ashe) vollzieht sich mehr durch Blicke und Gesten, denn er weiß sehr wohl, dass der erste Eindruck den er bei ihr hinterließ wahrlich nicht der beste war. Doch Rückschläge werden hier dem Zuseher so einfühlsam näher gebracht, dass es nicht ausbleiben kann mit diesem Mann zu leiden und zu hoffen.
Ich möchte keinen Spoiler liefern, aber eines sei gesagt, für mich war es das romantischste Ende, dass ich je sah. Allein die Gestik und die dahinterstehende Symbolik ließen mein Herz überquellen. Ständig bin ich versucht mir dieses Ende noch einmal anzusehen, nur um mir einen guten Abschluss meines Tages zu bescheren.
Mein Tipp wäre also einfach unbefangen und vor allen Dingen unvoreingenommen an diese Serie heranzugehen und keinerlei Vergleiche mit „Stolz und Vorurteil“ im Kopf zu haben.
Eines sei noch gesagt, bitte auf alle Fälle den Film im Originalton ansehen. Die deutsche Synchronisation lässt extrem zu wünschen übrig und raubt vor allen Dingen Mr. Thornton / Richard Armitage einen Gutteil seiner Ausstrahlung.
Ps:
Zur Serie selbst kann ich sagen, wer die damalige Zeit, also den Zeitraum um 1855 schätzt, der wird mit dieser Serie aufs beste bedient. Leider muss ich gleich zu Beginn meiner Rezension einen Wermutstropfen ansprechen, der mir im Zusammenhang mit anderen Rezensionen zu dieser Serie aufgefallen ist. Die häufigen Vergleiche mit „Pride & Prejudice“ (Stolz und Vorurteil), ebenfalls von der BBC verfilmt, mit Colin Firth in der Hauptrolle. Meiner Meinung nach gibt es keinen Vergleich. Die Romane Jane Austens spiegeln einen früheren Zeitgeist wieder (Stolz und Vorurteil / anno 1813) und beziehen sich auf romantische Weise auf das Leben der englischen Adeligen und des Mittelstandes. In diesen Romanen wird auf sehr spezifische Weise humorvoll der Zeitgeist charakterisiert, doch Jane Austen nahm niemals für sich in Anspruch auch die Problematik der niederen Bevölkerung größer herausstellen zu wollen in ihren Romanen. Was ich übrigens sehr liebe, denn ein Jane Austen-Roman oder Film entfernt mich auf magische Weise vom eigenen, manchmal trostlosen Alltag und zaubert unweigerlich ein zufriedenes Lächeln auf mein Gesicht. Und hier sei auch gleich angemerkt, ich liebe Colin Firth als Mr. Darcy und die gesamte Miniserie der BBC um Jane Austens „Pride & Prejudice“ von ganzem Herzen. Trotzdem ist ein Vergleich mit Elizabeth Gaskell's „North & South“ absolut unpassend. Unweigerlich werden eingefleischte Jane Austen-Fans, die auf pure Romantik, die unvergleichlichen Dialoge einer Jane Austen und die herrlichen Landschaftsimpressionen warten enttäuscht werden.
Wer jedoch mit offenen Augen und vor allem mit einem offenen Herzen „North & South“ ansieht, wird von dieser Serie ebenso begeistert sein wie von „Pride & Prejudice“. Die männliche Hauptrolle spielt ein ebenso charismatischer Mann wie Colin Firth, wenn er auch auf andere Weise seinen etwas raueren Charme spielen lässt. Richard Armitage. Meiner Meinung nach ein herausragender Darsteller, der sowohl mit seiner ruhigen, dunklen Stimme, wie auch seiner extrem aussagekräftigen Mimik zu punkten versteht. Sein gesamtes Aussehen entspricht sehr genau meiner Vorstellung eines Mannes, wie ihn sowohl Jane Austen als auch Elizabeth Gaskell in ihren Romanen so häufig beschrieben. Ich liebte es in den 230 Minuten seiner wunderbaren Ausstrahlung zu folgen und fieberte jeder Sekunde entgegen in der er wieder ins Bild trat.
Übrigens, 240 Minuten ist die Langfassung dieser Serie, es gibt auch eine Kurzfassung von 208 Minuten, die meiner Meinung nach ausreichend ist, da die 32 fehlenden Minuten nicht unbedingt ausschlaggebend sind.
Weitere Darsteller der Serie sind Daniela Danby-Ashe, die weibliche Hauptrolle und für meinen Geschmack eine sehr gute Wahl. Nicht nur, dass die beiden Hauptdarsteller hervorragend harmonieren in ihrem Spiel, nein, ich empfinde sie sowohl äußerlich als sehr passend für die damalige Zeit, wie auch darstellerisch als sehr gut.
Ebenfalls hervorheben möchte ich Brendan Coyle in der Rolle des Nicolas Higgins, eines Gewerkschaftsführers, der mit viel Herz versucht die Zustände in den Baumwollfabriken im Norden zu verändern. Vielleicht inzwischen besser bekannt aus der Serie „Downton Abbey“, die derzeit einen überragenden Erfolg verbuchen kann. Und mit Nicolas Higgins kommen wir auch gleich zum entscheidenden Unterschied zu den Jane Austen Romanen/Filmen, den manchmal gnadenlosen Einblick in die Arbeiterschicht, den Elizabeth Gaskell extrem gut zu vermitteln versteht. Hier wird England nicht gar so wunderbar gezeigt, hier sieht man auch die dreckigen Gassen, die düsteren Schlechtwetterstädte des Nordens und die Industrie, mit all ihren Umweltverschmutzungen, Ungerechtigkeiten und der ausbeuterischen Arbeit.
Aber, oh Wunder, das tut dem Vergnügen sich diese Serie anzusehen keinen Abbruch. Ich fieberte mit den Arbeitern, den „Mastern“, den geplagten Kindern und Frauen mit und freute mich über jeden Lichtblick, der sich ihnen bot.
Wer nun vermutet, dass „North & South“ im Gegensatz zu „Pride und Prejudice“ keine Romantik zu bieten hat, der irrt gewaltig. Allein diese zwei Sätze werden jedem in Erinnerung bleiben, der noch einen Funken Romantik in sein Herz einfließen läßt: "Look back, look back at me!" und "Coming home with me?".
Mr. Thornten (Richard Armitage) ist ein Mann, wie ihn sich jede Frau wünschen würde. Vom guten Aussehen einmal ganz abgesehen, weicht er vom harten Geschäftsmann immer ein wenig mehr zum liebenden, und mitfühlenden Mann auf. Er kann seine harte Schale nicht einfach abstreifen, zu lange musste er seinen Mann stehen, doch er lernt beständig hinzu und gibt sein bestes um soviel Hilfe zu geben wie ihm in seiner Situation möglich ist. Seine Annäherung an Margareth Hale (Daniela Danby-Ashe) vollzieht sich mehr durch Blicke und Gesten, denn er weiß sehr wohl, dass der erste Eindruck den er bei ihr hinterließ wahrlich nicht der beste war. Doch Rückschläge werden hier dem Zuseher so einfühlsam näher gebracht, dass es nicht ausbleiben kann mit diesem Mann zu leiden und zu hoffen.
Ich möchte keinen Spoiler liefern, aber eines sei gesagt, für mich war es das romantischste Ende, dass ich je sah. Allein die Gestik und die dahinterstehende Symbolik ließen mein Herz überquellen. Ständig bin ich versucht mir dieses Ende noch einmal anzusehen, nur um mir einen guten Abschluss meines Tages zu bescheren.
Mein Tipp wäre also einfach unbefangen und vor allen Dingen unvoreingenommen an diese Serie heranzugehen und keinerlei Vergleiche mit „Stolz und Vorurteil“ im Kopf zu haben.
Eines sei noch gesagt, bitte auf alle Fälle den Film im Originalton ansehen. Die deutsche Synchronisation lässt extrem zu wünschen übrig und raubt vor allen Dingen Mr. Thornton / Richard Armitage einen Gutteil seiner Ausstrahlung.
Ps:
Bin inzwischen was die Langfassung angeht zu einem anderen Schluß gekommen. Nach mehrmaligem Ansehen möchte ich keine einzige Minute der Originalfassung von 240 Minuten missen. Es ist doch ein beträchtlicher Unterschied wenn man in der deutschen Fassung nur 208 Minuten gezeigt bekommt. Wobei man schon deutlich sagen muss, die schlechte deutsche Synchronisation erspart einem dann immerhin 32 nervige Minuten. Wohingegen das Original einfach nur purer Genuß ist.
Übrigens, es gibt natürlich das Original-Gaskell-Buch dazu. Und wenn ich Original sage, dann meine ich das auch, denn es gibt keine deutsche Fassung. Leider wird von den Verlagen behauptet es gäbe nicht genug Nachfrage nach einer deutschen Veröffentlichung. Was natürlich Quatsch ist, denn allein die mehreren Millionen Fans der Miniserie würden sich um dieses Buch reißen. So ist man bedauerlicherweise auf die englische Fassung angewiesen und somit vom Genuß dieses Romans ausgeschlossen, wenn man nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt. Wer jedoch des Englischen mächtig ist, sollt es sich nicht entgehen lassen.
Eure
Sylvia
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